Jojo in Bolivien: Mein Besuch im PENADER

Fünf Jahre nach meinem Freiwilligeneinsatz und vier Jahre nach meinem letzten Besuch ging es diesen Sommer für mich endlich wieder nach Camiri! Ich war gespannt, was sich durch Corona und generell über die Zeit verändert hatte, wer noch alles im Projekt sein und mich wiedererkennen würde und natürlich war ich sehr neugierig auf das neue Haus.

Letzteres sah ich gleich am ersten Morgen und war – wie erwartet – begeistert! Nach einigen Gesprächen mit den wirklich netten Verkäufern sowie der Bank und einem Blick auf weitere mögliche Gartengrundstücke wurde jedoch klar, dass die ganzen Papiere doch nicht schnell genug fertig sein werden würden, als dass ich sie noch während meines Aufenthalts würde unterschreiben können. So wird sich bald ein weiteres Vorstandsmitglied auf den Weg machen und dies übernehmen…

In Camiri hatte sich tatsächlich wenig verändert und auch im Projekt lief (zum Glück :)) alles im Großen und Ganzen wie zuvor. Ein bisschen was Neues gab es dann aber doch. Aus ein paar kleinen Anbauten war ein Traum von Gemüsegarten geworden (wie wir es von den Fotos kennen) und auch das Homeschooling hat sich bemerkbar gemacht: die älteren Schüler:innen arbeiten nun oft digital an den Computern; einige belegen neben der Schule bereits Kurse einer Online-Ausbildung oder üben fleißig mit dem Matheprogramm bettermarks, das wir dank einer Spende kostenlos nutzen dürfen.

Digitales Arbeiten im Projekt

Am aufregendsten war es für mich aber, die Kinder wiederzusehen: ungefähr zehn bekannte Gesichter entdeckte ich am ersten Tag – und alle erinnerten sich auch noch an zurückliegende gemeinsame Aktivitäten! 🙂 Den ein oder anderen habe ich glatt mit dem älteren Geschwisterkind verwechselt und staunte nicht schlecht, wer von den „kleinen“ Jungs und Mädchen nun auf einmal zusammen war. Besonders gefreut habe ich mich über die Besuche der älteren Kinder, die gar nicht mehr ins PENADER gehen: als sie von ihren kleineren Geschwistern oder über Facebook mitbekamen, dass ich in Camiri war, kamen an den Abenden mehrere Ehemalige zum Hallo sagen vorbei. Einige von ihnen studieren inzwischen – all die Jahre im PENADER haben Früchte getragen und eine neue Generation hat die Möglichkeit, aus dem barrio-Leben herauszukommen!

Besuch von den Großen/ Maira studiert inzwischen Jura und Carla auf Lehramt

Es ist so schön, zu sehen, mit wie viel Freude und Einsatz diese jungen Menschen ihre Chance ergreifen. Tagsüber arbeiten sie, die übrigen Stunden gehen sie in die Universität oder nutzen die Zeit fürs Lernen. Andere haben sich – trotz erfolgreichem Abitur – zunächst nur für die Arbeit entschieden. Wenn man zehn kleine Geschwister hat, sind die Möglichkeiten wohl auch andere… Ein weiterer „Junge“ hatte damals die Schule abgebrochen, das Projekt verlassen und war etwas abgerutscht. Dieses Jahr erzählte er mir, dass er nun mit 23 wieder in die Abendschule geht, um sein Abitur nachzuholen und etwas aus seinem Leben zu machen – es ist nie zu spät… Einige Familien sind im Laufe der Jahre umgezogen, andere Kinder kommen aus anderen Gründen nicht mehr ins Projekt.

Familienfoto (drei fehlen, dafür bin ich dabei)

Ich beschloss, eine meiner „kleinen Freundinnen“ zu suchen – auch, weil ich gerüchteweise gehört hatte, dass sie schwanger sei. Mit der Unterstützung von Joaquin fand ich sie auf dem Markt, wo sie Salteñas verkaufte. Sie erzählte mir, dass sie (15 Jahre) ein sechs Monate altes Baby hatte. Damit war sie schon das zweite schwangere Mädchen, das mal ins PENADER gegangen war, und eigentlich bedeutet das für diese das Ende ihrer Ausbildung. Umso glücklicher war ich, als sie mir bei einem späteren Treffen mit ihr und ihrem Baby erzählte, dass sie nächstes Jahr wieder in die Schule gehen würde. Ihre Mutter versicherte mir später, in der Zeit auf das Baby aufzupassen – so hat die junge Mama doch noch eine Chance und ich hoffe sehr, dass sie es trotz aller Schwierigkeiten schafft, diese zu ergreifen… Natürlich stehen auch die Türen des PENADER jederzeit für sie und später auch ihr Kind offen. Daneben haben wir mit dem Team vor Ort auch schon überlegt, wie wir noch mehr Aufklärung sowie einen niedrigschwelligen Zugang zu Verhütungsmitteln ermöglichen können (wobei das in diesem Fall nicht das Problem war).

Für mich war es eine ganz besondere Erfahrung, alle wiederzusehen und ihre Lebenswege zu verfolgen. In Bolivien ist der Weg sicherlich für den ein oder anderen noch etwas steiniger als hier, aber viele finden dennoch einen guten – und ich bin überzeugt, dass das PENADER einen großen Beitrag dazu leistet. Dass eine gewisse Bindung über all die Jahre und nach eigentlich kurzer gemeinsamer Zeit bestehen bleibt, unterstreicht wohl auch noch einmal, wie wichtig die Erwachsenen im PENADER für die Kinder sind, die sich zuverlässig um sie kümmern und mit Freude mit ihnen beschäftigen. Deswegen freue ich mich auch sehr, dass wir so großartige Profes vor Ort haben, die ihnen Vorbilder und Bezugspersonen sind und oft mehr tun als von ihnen erwartet wird! Spätestens in einigen Jahren muss ich wohl noch einmal zu Besuch kommen, um zu sehen, was aus der nächsten Generation geworden ist, die jetzt fleißig vor den Heften und Rechnern sitzt – oder doch noch lieber auf dem Sportplatz steht… 🙂

Jojo

Abendessen mit dem Team
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